Wir leben immer länger. Das zeigt sich auch im Strassenverkehr, wo ein zunehmender Anteil der Fahrzeuglenker bereits pensioniert ist. Senioren sind auch im Alter noch fit und können länger selbstbestimmt leben. Sie wollen mobil und unabhängig bleiben und nutzen deshalb bis ins hohe Alter das Auto. Mit steigendem Alter lässt aber die Sicherheit am Steuer nach, wie Statistiken eindeutig belegen. Wie sicher ist das Fahren im Alter und was kann man machen, um die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer nicht aufs Spiel zu setzen?
Edith (87) und flexibel wie 30
Für Edith (87) ist klar: Mobilität leistet einen enormen Beitrag zu ihrer Lebensqualität. Sie ist unabhängig und kann alleine bestimmen, wie sie ihren Tag gestaltet. Seit ihr Mann vor über 10 Jahren an einer Lungenkrankheit gestorben ist, wurde es für Sie umso wichtiger, mobil zu sein. Sie ist eine extrem gesellige Frau, die gern unter Leuten ist und kann sich nicht vorstellen, den ganzen Tag in ihrer Wohnung Däumchen zu drehen. Heute morgen hat sie in der Migros ihren Wocheneinkauf erledigt, danach fährt sie ins Schwimmbad und schwimmt ihre 20 Längen, wie Sie es zweimal die Woche tut. Am Nachmittag fährt Sie ins Zürcher Oberland und besucht ihre Tochter Verena. Nach Kaffee und Kuchen hilft sie noch ein bisschen im Garten und fährt dann wieder nach Dübendorf. Das Auto ist aus ihrem Alltag nicht wegzudenken. Sie hat Angst, die damit verbundene Freiheit zu verlieren, ist sich aber auch bewusst, dass sie in gewissen Situationen andere und sich selbst in Gefahr bringt. “Ich bin zwar bei guter Gesundheit, aber ich muss Blutdruck-Medikamente nehmen und bin deshalb oft müde. Auch meine Sehkraft hat nachgelassen – das spüre ich am Steuer vor allem im Dunkeln.” sagt sie.
Grundsätzlich spricht ein hohes Lebensalter nicht gegen das Autofahren. Der Alterungsprozess hat bei jedem Individuum unterschiedliche Wirkungen, Fakt ist aber, dass körperliche und geistige Fitness im hohen Alter abnehmen. So hat Ediths Nachbarin ihren Fahrausweis schon mit 72 Jahren freiwillig abgegeben, weil sie gemerkt hat, dass ihr das Fahren Schwierigkeiten bereitet. Alterstypische Veränderungen, die das Autofahren am deutlichsten beeinträchtigen, sind Verminderung des Sehvermögens, eingeschränkte Beweglichkeit und verlangsamte Reaktionsgeschwindigkeit. Senior/innen sollten sich deshalb kritisch mit den eigenen Fähigkeiten auseinandersetzen, was aber nicht zuletzt eine sehr emotionale Frage ist.
Was kann man unternehmen, um länger fahrtauglich zu bleiben?
Das Schweizerische Parlament hat beschlossen, dass das Mindestalter für eine Überprüfung der Fahrtauglichkeit von 70 auf 75 erhöht werden soll. Danach müssen sich Senioren alle zwei Jahre einer Kontrolle unterziehen. Im nahen Ausland kennt man solche Regelungen nicht. Die Schweiz ist somit ein Vorreiter in Sachen Sicherheit, stellt aber zugleich Senioren unter «Generalverdacht», nicht mehr fahrtüchtig zu sein. Abgesehen von den obligatorischen Kontrollen gibt es diverse Möglichkeiten, um länger fit für die Strasse zu bleiben.
So bieten sowohl Verbände wie der TCS, als auch private Fahrschulen Auffrischungskurse an. In den Kursen lernen die Senioren, wie sie mit neuen Herausforderungen des Strassenverkehrs umgehen sollen und ihr Selbstvertrauen wird gestärkt. Schlussendlich wissen die Senioren selbst am besten, ob sie noch fit für den Strassenverkehr sind und vieles liegt im Bereich der Eigenverantwortung. Rücksicht ist also ein zentraler Sicherheitsfaktor.
Die Diskussion um Fahren im Alter wird in Zukunft massiv von technologischen Innovationen beeinflusst werden. Schon heute sind Fahrzeuge mit Sicherheitsassistenten ausgestattet, die etwa beim Ausparken automatisch bremsen und den Abstand zu anderen Autos messen und regulieren. Das autonome Fahren (mit Link auf letzten Artikel) könnte die Frage sogar ganz überflüssig machen, so dass Edith noch mit über 100 Jahren ihr Fährtchen ins Oberland unternehmen kann.
Bis dahin ist es wichtig, dass die Mobilität und Freiheit der Senioren in Kombination mit Sicherheit für alle Verkehrsteilnehmer erhalten und ausgebaut wird.