Ein Gastbeitrag des Uber-Volvo-Fahrers Roland Erichsen.
Mein Fahrgast erwartete mich am Bahnhof. Er hatte einen kleinen Reisekoffer dabei, den er auf die Rückbank warf. Dann sprang er förmlich auf den Beifahrersitz meines Volvo V90 T8 Twin Engine.
Kaum eingestiegen, warf er eine 50-Franken-Note auf die Mittelkonsole des Wagens; „den bekommst Du als Trinkgeld, wenn wir bis 18:00 Uhr am Ziel sind“, sagte er etwas nervös und bestätigte mir das Fahrziel, das ich schon in der UBER-App gesehen hatte: Einen Ort, ca. 3⁄4 Stunde Fahrzeit entfernt. „Das könnte eng werden“ gab ich zu bedenken.
Das tat ich dann auch und schlängelte mich bestmöglich durch den Feierabendverkehr. Als er nach einiger Zeit realisierte, dass ich tatsächlich im Rahmen meiner Möglichkeiten sehr zügig fuhr und wir wohl gut im Zeitplan lagen, entspannte er sich erkennbar und wir kamen ins Gespräch.
Er erzählte mir von seinem gestrigen Besuch bei seiner Freundin und schwelgte dabei etwas in Erinnerungen.
Ich konzentrierte mich auf die Fahrt und schaffte es tatsächlich, kurz vor 18:00 Uhr das Ortsschild des Zielortes zu passieren. Jetzt erst kam ich dazu, ihn nach der genauen Anschrift im Ort zu fragen. „JVA“ knurrte er als Antwort, schlagartig deutlich missmutiger als zuvor. Ich hatte ihn nicht richtig verstanden und fragte noch einmal nach: „Sorry, wohin musst Du?” „Zur JVA: JUSTIZVOLLZUGSANSTALT, im Klartext“, buchstabierte er seine Antwort, die ich diesmal tatsächlich sofort verstand.
„Ich dachte du hättest kapiert, dass ich ‘Freigänger’ bin und deshalb bis 18:00 Uhr zurück sein muss.“
Nein, das hatte ich nun wirklich nicht. Und war ehrlich gesagt, im Hinblick auf eine letztlich doch recht entspannt durchgeführte Fahrt, darüber auch nicht ganz unglücklich.
Doch dann machte ich – zum Glück inzwischen kurz vor der JVA-Pforte – noch einen entscheidenden Fehler und fragte ihn: „Und was hast du getan, dass Du hier einsitzst? Er wandte sich mir zu, sah mir fest in die Augen und sagte sehr langsam und deutlich:
„Ich habe einen Taxifahrer überfallen“..
Die letzte Minute unserer Fahrt verlief schweigend. Ich hielt vor dem Eingang zur JVA, er stieg aus, öffnete die hintere Wagentüre, nahm seine Koffer vom Rücksitz und sagte von hinten: „Danke, die 50er-Note hast Du Dir wohl verdient; geile Kiste übrigens dein Volvo”.
Als ich dann die Rückfahrt antrat, war ich doch irgendwie froh, dass durch das UBER-System mit der bargeldlosen Abrechnung des Fahrpreises ein UBER-Fahrer üblicherweise kein Bargeld mehr an Bord hat 🙂
Roland Erichsen hat seine Uber-Erlebnisse in seinem Buch „Über UBER“/ “Driven by Uber” in Deutsch und Englisch veröffentlicht. Das Buch ist in Buchhandlungen und auf amazon erhältlich.
Im Rahmen der Partnerschaft mit Volvo Car Switzerland erzählt Roland Erichsen hier auf dem Volvo-Blog in regelmässigen Abständen seine spannendsten und unterhaltendsten Geschichten rund um seine Uber-Fahrten erzählen:
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