Keine Stadt in der Schweiz duftet so fein wie Rapperswil. Die Rosenstadt ist aber auch eine Schloss-, Seen-, Insel- und Erlebnis-Stadt.
«Das Schönste an Rapperswil ist, dass es nicht Zürich ist», scherzen augenzwinkernd die Rapperswiler. Die Abgrenzung gegenüber den Zürchern hat historische Gründe. Schliesslich waren es die Stadtzürcher, die 1350 die Stadt Rapperswil in Schutt und Asche legten. Doch die Rapperswiler bauten auf den Trümmern der Stadt eine noch viel schönere Stadt, die bis heute in ihrem Kern erhalten ist. In Rapperswil erzählt jeder Meter eine historische Geschichte, aus der Dutzende weitere entstehen. Die Geschichte von Rapperswil dürfte über 5000 Jahre alt sein, wie Funde aus dieser Zeit belegen. Dokumentiert ist die römische Siedlung Centum Prata (Kempraten), jenem Stadtteil von Rapperswil, in dem auch schon bald Roger Federer leben wird.
Das Wahrzeichen von Rapperswil ist die Schlossanlage auf dem Herrenberg. Erbaut wurde sie vor rund 800 Jahren von Vogt Rudolf von Rapperswil, der von hier die Handelsrouten nach Graubünden, die Pilgerströme nach Einsiedeln sowie die See-Enge kontrollieren wollte.
Dass auf dem Lindenhof beim Schloss seit 150 Jahren Damhirsche leben, hat etwas mit der Sage um die Stadtgründung zu tun, wonach sich die Frau des Grafen von Rapperswil bei einem Jagdausflug auf dem Herrenberg gegen die Erlegung einer Hirschkuh eingesetzt habe. Aus Dank legte die Hirschkuh den Kopf auf ihren Schoss. Wenn das kein gutes Omen ist, hier ein Schloss zu bauen?! So sollte hier die Burg von Rapperswil entstehen und auf der südlichen Seite des Hügels eine Stadt als aktiver Handelsplatz. Weil er seine Burg auf einem Felsen baute, der auf drei Seiten ins Wasser reicht, war das Schloss gegenüber Feinden auf natürliche Weise geschützt. Faszinierend ist bis heute die Geometrie der Burg: Sie bildet ein fast gleichseitiges Dreieck.
Der Lindenhof auf dem Herrenberg neigt sich sanft zum See, was ihn noch intensiver funkeln lässt – besonders in der Abenddämmerung. Und wenn einem dann noch der Duft der vielen Rosen aus dem Klostergarten in die Nase zieht, ist die Mystik dieses Ortes spürbar. Der riesige Garten inmitten der Stadt gehört zum Kapuzinerkloster am Endingerhorn, das 1606 erbaut wurde und bis heute aktiv ist. Untrennbar mit dem Kloster verbunden ist die Antoniusgrotte, ein einzigartiger Kraftort. Nur eine Mauer trennt das Kloster vom weltlichen Trubel, der von der Flaniermeile am See stammt, wo sich zahlreiche Boulevard-Cafés befinden. Ein hübscher Rundweg führt um den gesamten Lindenhügel; dabei ist die Burgmauer ein wahrer Abenteuerspielplatz für Kinder – aber auch Hideaway für verliebte Teenager, die hier in den geheimen Höhlen, Nischen und verwunschenen Ecken einen ruhigen Platz finden.
Vom Schiffshafen, der an den Fischmarkt grenzt, der vor dem Dampfschiff-Zeitalter der innere Hafen von Rapperswil war, geht es via Boot in alle Richtungen. Ob nach Schmerikon am Obersee, Horgen an der «Pfnüselküste», nach Meilen an der Goldküste oder ins entfernte Zürich, aber auch auf die Inseln Ufenau und Lützelau. Beide Inseln sind nur einen Katzensprung von Rapperswil entfernt und unbedingt einen Besuch wert. Auf beiden wird man nicht verhungern – es hat während der Sommermonate Gastwirtschaftsbetriebe.
Kleiner Tipp für alle Freunde alter Badeanstalten: Das Seebad Rapperswil, im Volksmund auch Schlossbad genannt, ist über hundert Jahre alt und steht auf Pfählen in der Kempratner Bucht. Der Ort scheint sehr inspirierend zu sein: Schriftsteller wie Hugo Lötscher und Gerold Späth schrieben in diesem Seebad ihre Romane. So verdanken die Bücher «Unschlecht» und «Saison» ihre Entstehung dieser Badi. Der Eintritt ist gratis.
Die Geschichte Rapperswils ist auch eng verbunden mit dem Jakobsweg, der über den Seedamm nach Pfäffikon und dort über den Etzel nach Einsiedeln führt. Der Seedamm ist für Rapperswil zentral, seit 1358, als der erste Steg entstand. Viele Male wurde er wieder neu gebaut – entsprechend der Baukünste der vergangenen Jahrhunderte. Im Jahr 2000 wurde der Jakobsweg auf der Originalroute nachgebaut und lässt sich heute begehen. Von hier geniesst man eine herrliche Aussicht auf die Schwyzer Alpen und den Alpstein, den Obersee, aber auch das Technikum und den Kinderzoo.
Auf dem wunderschönen Strandweg lässt es sich vom Bahnhof bis nach Busskirch und in die Badi Stampf spazieren. Dort befindet sich nicht nur ein riesiges Strandbad mit Campingplatz, sondern auch der Yachthafen. Nur einen Steinwurf davon entfernt ist das Baummuseum von Enzo Enea: ein 75’000 m2 grosser Park, den du gesehen haben musst! Hier wachsen Bäume, die du bestimmt noch nie gesehen hast. Im Juni 2020 feierte der Museumspark übrigens den 10. Geburtstag.
Kurz: Rapperswil ist für viele nicht nur das schönere Ende vom Zürichsee, sondern auch das interessantere.
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