Wir haben in den letzten Wochen über alle 15 UNESCO-Welterbestätten Schwedens berichtet und fassen zusammen: Jede einzelne ist eine Reise wert.
Ein UNESCO-Welterbe hat für die Regionen eine grosse Bedeutung – nicht zuletzt als touristischer Anziehungspunkt. Es ist aber auch eine Verpflichtung, das Welterbe zu schützen und für künftige Generationen zu erhalten.
Die letzten fünf Welterbestätten Schwedens unserer dreiteiligen Serie sind so faszinierend wie einzigartig.
1. Höga Kusten – die Hohe Küste und das Kvarken-Archipel
«10’000 Jahre Landhebung – 10’000 Jahre neue Aussichten» lautet ein Slogan zur UNESCO-Welterbestätte im Norden Schwedens. Es ist wohl die einzige Welterbestätte, die über sich hinaus wächst. Und zwar jedes Jahr um rund 10 Millimeter. Die «hohe Küste» – das bedeutet «Höga Kusten» übersetzt – wuchs in den letzten zehntausend Jahren insgesamt um bis zu 285 Meter. Der Grund: Hier lag während der Eiszeit eine drei Kilometer dicke Eisschicht, welche die Erdkruste in den Erdmantel drückte. Nachdem das Eis in den letzten zehntausend Jahren schmolz, setzte die Gegenbewegung ein. Und sie wird es voraussichtlich noch ein paar Jahrtausende tun. Die wachsende Küstenlandschaft liegt zwischen Härnösand und Örnsköldsvik. Härnösand ist übrigens Nordschwedens beliebteste Sommerstadt: Reiten, Klettern, Schwimmen, Segeln, Golfen, Kajakfahren und noch viele andere Aktivitäten zählen im Sommer zu den sportlichen Angeboten der Höga-Kusten-Region. Kleiner Tipp für alle Autofans: In Härnösand befindet sich das grösste Automuseum Schwedens.
2. Die Kultur- und Agrarlandschaft Süd-Ölands
Die viertgrösste Insel der Ostsee, Öland, ist seit mindestens 5’000 Jahren bewohnt und landwirtschaftlich genutzt. Davon zeugen die über 13’000 archäologischen Fundstätten, die Öland die Bezeichnung «Insel der Steinmonumente» gaben. Sie geben Aufschluss über das Leben in der Stein-, Bronze- und Eisenzeit, aber auch über die Landwirtschaft der letzten Jahrtausende. In dieser uralten Agrarlandschaft gibt es viel zu entdecken: Ganggräber aus der Steinzeit, Grabhügel aus der Bronzezeit, Fluchtburgen, Hausfundamente sowie Grabfelder aus der älteren Eisenzeit. Dass Süd-Öland, also rund ein Drittel der Insel, seit 2000 zum UNESCO-Welterbe gehört, begründete die Kommission wie folgt: «Die heutige Landschaft des südlichen Öland ist ebenso sehr von ihrer langen Kulturgeschichte wie von geologischen und topographischen Gegebenheiten geprägt. Die Bauernlandschaft (odlingslandskap) des südlichen Öland ist ein einzigartiges Beispiel dafür, wie der Mensch vielförmige Landschaft auf optimale Weise nutzt.»
3. Historische Industrielandschaft Falun und die Kupferregion Kopparbergslagen (2001)
Eigentlich hätte auch die rote Farbe der schwedischen Häuser auf die Liste der UNESCO-Welterbestätte gesetzt werden können. Denn von der historischen Industrielandschaft Falun stammt ebenfalls das berühmte Rot, das die Fassade unzähliger schwedischer Häuser ziert. Falunrot oder schwedisch «Faluröd» oder «Falu rödfärg» kommt aus Falun, wo seit dem 9. Jahrhundert Kupfer abgebaut wurde. Aus dem Abraum wurde seit 1616 kupferhaltiges Erz gewonnen, das als Pigmentmischung die Basis für die typische Farbe bildet. Es ist nicht nur schön anzusehen, sondern schützt das Holz vor Pilzbefall und Verfall. Zentrum des seit 2001 anerkannten UNESCO-Weltkulturerbes ist die begehbare Kupfermine. Unter Schutz stehen auch die Grubenarbeiter-Siedlungen mit ihren winzigen Häusern sowie die Herrenhöfe im Grünen, die von den Grubenbetreibern bewohnt wurden. Zusammen bildet es eine einzigartige Industrielandschaft, die sich in einem Umkreis von 20 Kilometern um die einstige Kupfermetropole Falun zieht.
4.Längstwellensender Grimeton SAQ bei Varberg
Es war der schwedische Elektro-Ingenieur Ernst Fredrik Werner Alexanderson, der mit seinem Alexanderson-Alternator den ersten Längstwellensender der Welt erfand. Damit übertrug der Radiopionier Reginald Fessenden am Weihnachtsabend 1906 die erste weltweite Hörfunksendung. Heute erinnert der 1925 eröffnete Längstwellensender Grimeton bei Varberg an diese Pionierleistung. Was daran speziell sein soll? Es handelt sich um den einzigen noch funktionsfähigen Maschinensender der Welt, der maschinell eine Frequenz (17,2 kHz) generiert, die extrem weite Distanzen überwinden kann. Der Sender wurde ursprünglich zur Kommunikation zwischen Grimeton Radio und Radio Central in Long Island, USA, benutzt. Nach dem Zweiten Weltkrieg setzte ihn das schwedische Militär vor allem für die Kommunikation mit ihren U-Booten ein, da die elektromagnetischen Wellen dieses Frequenzbereichs einige Meter tief in Salzwasser eindringen können. 1995 wurde die Anlage geschlossen – seit 2004 steht sie auf der Liste des UNESCO-Weltkulturerbes.
5. Der skandinavisch-russische Meridianbogen – Struve-Bogen (2005)
Der im Jahr 2005 in die Liste der Welterbestätten aufgenommene Struve-Bogen ist ein Netz aus Vermessungspunkten, die im 19. Jahrhundert einen erheblichen Beitrag zur exakten Erdvermessung leisteten. Der Struve-Bogen ist das erste wissenschaftliche Instrument in der Liste der Weltkulturerbestätten. Der russisch-skandinavische Meridian-Bogen zieht sich 2821 Kilometer durch zehn Länder. Den Namen erhielt das Vermessungsnetz von Friedrich Georg Wilhelm von Struve (1793 –1864). Der Astronom errichtete zusammen mit dem russischen Offizier Carl F. Tenner (1783–1859) in den Jahren 1816 bis 1855 die Messpunkte für den Meridianbogen. 34 Messpunkte wurden vom World Heritage Committee der UNESCO auf die Liste der Welterbestätten gesetzt.
Titelbild: Pigmentwerk in Falun © Wikipedia, Holger Ellgaard, CC BY-SA 3.0