In der Schweiz gibt es viele Hot Spots – im wörtlichen Sinn. In der mythischen Tamina-Schlucht gibt es eine Quelle, aus der seit Jahrtausenden pro Tag 7 bis 10 Millionen Liter 36,5 Grad warmes Wasser aus der Erde sprudeln. Und es heisst, das Wasser habe magische Kräfte.
Wer auf der A3 von Sargans Richtung Chur fährt, ahnt nicht, dass in einem versteckten Seitental unterhalb von Pfäfers die wasserreichste Thermalquelle von Europa sprudelt. Wie ein wertvoller Schatz, tief in der Tamina-Schlucht versteckt, liegt die unerschöpfliche Quelle, die exakt 36,5 Grad warmes Wasser aus der Tiefe schöpft. Das weiche, geschmacklich neutrale und bakterienfreie Mineralwasser ist in vielerlei Hinsicht faszinierend. Die spezielle Mineralisierung löst positive Reaktionen im gesamten Organismus aus. So werden der Stoffwechsel und Kreislauf angeregt und die Herzfunktion gesteigert. Darüber hinaus wirkt das Thermalwasser lindernd bei rheumatischen Beschwerden, Erkrankungen des Nervensystems sowie Lungen- und Nierenstörungen. Der Aufenthalt im Wasser führt zu einer Lockerung der Muskulatur und des Bindegewebes. Das Wasser wirkt zusätzlich schmerzlindernd und verbessert die Wirbelsäulen- und Extremitätenbeweglichkeit.
Entdeckt wurde die Thermalquelle im Jahr 1242 zufällig von Jägern. Im 14. Jahrhundert errichteten Mönche des nahe gelegenen Benediktiner-Klosters in der Enge der Schlucht Badehäuser auf Holzplanken. Sie entdeckten die heilsame Wirkkraft des Wassers.
Anfangs wurden die Kurgäste noch in Körben an Seilen 70 Meter in die Tamina-Schlucht hinunter gelassen – mit verbundenen Augen gegen die Angst.
Der Arzt und Philosoph Paracelsus waltete ab 1535 als erster Badearzt in Bad Pfäfers und belegte die Heilkraft des Thermalwassers. Das sprach sich herum. Es kamen Kranke von weit her, von den Bauern der Umgebung bis hin zu Adligen aus dem fernen Russland: Klassenübergreifend erhofften sie sich vom Bad im magischen Wasser Linderung ihrer Gebrechen. Die Kranken badeten zehn Tage lang ununterbrochen im Wasser – Paracelsus glaubte, dass durch die Aufweichung der Haut die Giftstoffe austreten können.
Im frühen 18. Jahrhundert entstand in der Tamina-Schlucht das bis heute bestehende Badehaus in Bad Pfäfers. Es beherbergte zu Spitzenzeiten bis zu 300 Gäste gleichzeitig. Es gilt als ältestes, noch erhaltenes Barock-Badehaus und ist öffentlich zugänglich. Ein Besuch lohnt sich gleich mehrfach. Nebst Restaurants und Besucherzentrum beherbergt das historische Gebäude auch drei interessante Museen: das Bademuseum, das Klostermuseum und die Paracelsus-Gedenkstätte. Man erreicht das eindrückliche Badehaus zu Fuss über einen gut ausgebauten Wanderweg von Bad Ragaz aus oder via Postauto oder sogar Pferdekutsche.
1840 wurde die vier Kilometer lange Wasserleitung vom Alten Bad Pfäfers bis zum «Hof Ragaz» eröffnet. Seither fliesst das kostbare Quellwasser direkt nach Bad Ragaz, wo im Jahr 1872 mit der Tamina-Therme das erste Thermalwasser-Hallenbad Europas entstand.
Es legte den Grundstein für das weltweite Ansehen von Bad Ragaz als Kurort: Berühmte Gäste wie Rainer Maria Rilke, Friedrich Wilhelm Nietzsche, Thomas Mann und Victor Hugo badeten im blauen Gold. Im 19. Jahrhundert entstanden verschiedene Grand Hotels und Kurzentren, die heute als Grand Resort Bad Ragaz zu den besten Fünf-Sterne-Hotels der Schweiz gehören. Aus dem Kurzentrum ist ein Wellbeing-Hotspot von Weltruf geworden, das internationale Stars anzieht.
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