Zwischen Martigny und Sion im Walliser Rhonetal liegt ein mittelalterliches Juwel, das für vieles steht: von Marmor über Falschgeld bis hin zu Dalai Lamas Weinberg. 2013 wurde Saillon zum schönsten Dorf der Romandie gewählt.
Wer auf der A9 durch das Rhonetal fährt, dem fällt auf halber Strecke zwischen Martigny und Sion ein Turm auf, der auf einem Steinhügel über einem kleinen Städtchen thront. Es ist der Bayart-Turm, ein 19 Meter hoher Bergfried, der 1260 auf Geheiss des Grafen von Savoyen erbaut worden ist. Der Turm steht sinnbildlich für die spannende Geschichte Saillons, die im gut erhaltenen mittelalterlichen Dorf spür- und erlebbar ist.
Am Südhang gelegen, geniesst Saillon ein einzigartiges Mittelmeerklima, das sogar Mandel- und Feigenbäume gedeihen lässt. Ganz zu schweigen von saftigen Weinreben, für die Saillon seit rund tausend Jahren bekannt ist. Auf fast 200 Hektaren wird hier bis heute Wein angebaut. Dazu gehört auch der kleinste Rebberg der Welt, der bloss 1,67 Quadratmeter gross ist und aus drei Rebstöcken besteht. Das spezielle daran ist: sein Besitzer ist der Dalai Lama. Jedes Jahr werden von diesen Rebstöcken (angereichert durch verschiedene Spitzenweine) rund 1000 Flaschen Wein hergestellt, deren Erlös Kinderhilfswerken zugute kommt.
Angelegt wurde der Weinberg, der von Steinen aus aller Welt umgeben ist, in Gedenken an den Falschmünzer Joseph-Samuel Farinet, der im 19. Jahrhundert als «Robin Hood der Alpen» Berühmtheit erlangte und ursprünglicher Eigentümer des Weinberges war.
Der Farinet-Weg dokumentiert auf 21 Glasbildern das Leben des legendären Geldfälschers, der vor allem 20-Rappen-Münzen unter die Leute brachte. Man schätzt, dass bis zu einem Drittel aller 20-Räppler jener Tage Farinet-Münzen waren. Das störte im Unterwallis niemand – im Gegenteil, man traute eher seinen Münzen als dem Papiergeld der Kantonalbank. Der im Aostatal geborene Joseph-Samuel Farinet liess sich während 10 Jahren in Saillon nieder, wo er sein Falschgeld grosszügig in der Bevölkerung verteilte. Doch so sehr der Robin Hood bei der Bevölkerung beliebt war, so war er auch ein Schürzenjäger. Der Charmeur soll ein Herz zu viel gebrochen haben, woraufhin er von einer enttäuschten Liebhaberin bei der Polizei verraten worden sei. Farinet floh aus Saillon und verschanzte sich in der Salentsee-Schlucht. Die Polizei belagerte die Schlucht drei Tage lang, bevor sie den Geldfälscher «erwischte». Farinet starb – ob im Kugelhagel oder bei einem Sturz auf der Flucht – die Todesursache blieb ungeklärt. Heute ist ihm ein Teil im Falschgeld-Museum in Saillon gewidmet. Seit 2017 gibt es wieder Farinet-Münzen, eine in vielen lokalen Geschäften akzeptierte Lokalwährung, die man in einer Sittener Wechselstube tauschen kann.
Historisch interessant ist auch das Pfarrhaus St. Jacques, ein ehemaliges Hospiz für Pilger, das zu den ältesten Häusern des Wallis gehört. Ebenfalls zu den ältesten Sakralbauten des Kantons gehört die Kapelle St. Laurent, dessen ursprünglichster Teil rund 1500 Jahre alt sein soll.
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurde Saillon weitherum bekannt für seinen Marmor, der auf 1000 M.ü.M. Fuss des Grande Garde gewonnen wurde. Die Schönheit des Steins ist so ausserordentlich, dass er international exportiert wurde. So findet sich Marmor aus Saillon unter anderem im Bundeshaus in Bern, in der Pariser Oper, dem British Museum in London, der Universität Oxford oder im Dom von Aachen. Nur gerade 50 Jahre lang wurde der wertvolle Marmor abgebaut – aufgrund seiner schwierigen Lage (400 Meter über dem Talboden) war die Logistik zu aufwändig. Noch heute ist im ehemaligen Steinbruch die faszinierende Marmorierung des Steins sichtbar.
Noch mehr Naturschätze gefällig? Saillon verfügt über eine ergiebige Thermalquelle, die rund 40 Minuten vom Dorf zu erwandern ist. Wer lieber badet als wandert, kann dies im Thermalbad tun und das rund 34 Grad warme Wasser geniessen.
Die Umgebung von Saillon ist ebenfalls beliebt für ausgedehnte Fahrradtouren im Rhonetal, aber auch für Golf, Trekking sowie Ausgangspunkt für Ausflüge aller Art. Kurz: In Saillon kannst du deinen Volvo ruhig stehen lassen und Urlaub machen. Zu entdecken gibt es mehr als viel!
Titelbild: © www.saillon.ch