Mit Genderfragen setzen wir uns schon seit Jahrzehnten auseinander. Mit dem Concept Car YCC stellte Volvo Cars 2004 ein Auto vor, das von Frauen für Frauen entwickelt wurde.
Männer und Autos – kein Klischee. Viele Jahrzehnte konzentrierten sich die Entwicklungsabteilungen der internationalen Automobilindustrie vor allem auf das männliche Geschlecht. Nicht so bei Volvo: Bereits in den 1980er-Jahren bildete Volvo Cars eine Fokusgruppe aus weiblichen Angestellten. Diese Mitarbeiterinnen wurden schon früh in die Entwicklung neuer Modelle miteinbezogen, um sie zu testen und zu bewerten.
Auch in der Unfallforschung übernahm Volvo eine Pionierrolle. Mit der E.V.A-Initiative entwickelte man Schutzmassnahmen, die speziell auf die weibliche Anatomie eingehen, um das Verletzungsrisiko zu minimieren. Die Daten aus der E.V.A-Initiative wurden übrigens öffentlich gemacht, so dass Frauen auch in anderen Automobilen sicherer unterwegs sein dürfen.
Die Idee eines All-Women-Teams entstand im Herbst 2001. Ein Design- und Entwicklungsteam, das ausschliesslich aus Frauen bestand, sollte sich Gedanken machen, wie ein «Frauen-Auto» aussehen sollte und welchen Mehrwert es bieten könnte.
Es kristallisierte sich heraus, dass folgende Punkte im Concept Car berücksichtigt werden sollten: einfaches Ein- und Aussteigen, praktischer Stauraum, gute Sicht, leicht zu parken, wartungsarm und individualisierbar. 2004 wurde der Volvo YCC der Öffentlichkeit vorgestellt.
Der YCC sieht nicht nur zeitlos elegant aus, sondern hat tolle Features, die auch Männer gefallen dürften. Die zwei seitlichen Flügeltüren sehen zum einen sehr schick aus, zum anderen sind sie auch praktisch für den erleichterten Ein- und Ausstieg. Wenn die Türen nach oben schwingen, öffnet sich zusätzlich die Schwelle im Fussraum, so dass frau nicht darüber steigen muss. Die Flügeltüren erweitern ausserdem das Sichtfeld, weil die B-Säule nach hinten versetzt wurde.
Die Flügeltüren sowie die Heckklappe lassen sich per Funk vom Schlüsselbund aus öffnen – ohne sie berühren zu müssen. Was mit der Keyless-Technologie bei Volvo zum Standard wurde, war damals auch die Mutter der Idee: Wenn man alle Hände voll hat, braucht man die Taschen nicht auf dem Boden abzustellen, um die Türen zu öffnen. Das schätzen heute nicht nur Frauen, sondern auch Männer.
Zwar nur ein Detail, aber selbsterklärend: Das Concept-Car YCC verfügt über keine Motorhaube. Der YCC hat zwar einen Fünfzylindermotor, aber Zugang sollte nur der Garagist haben, der dafür die gesamte Front abnehmen muss. Das sollte ohnehin sehr selten der Fall sein, zum Beispiel für den Ölwechsel, der erst nach 50’000 Kilometern nötig würde. Der Hybridantrieb war schon damals die Wunschkombination, um sowohl sparsam wie auch ökologisch unterwegs zu sein.
Auch das Fahren sollte flexibel sein. Der YCC lässt sich im Höhenniveau verstellen: Hochbeinig bietet er eine gute Sicht auf den Verkehr, tiefer gelegt ein sportlicheres Fahrgefühl. Die automatische Einparkhilfe ist eine weitere Funktion, die heute selbstverständlich dazu gehört.
Praktisch und schön – so sollte die Innenausstattung sein. Cleverer Stauraum, aber auch Individualisierungsmöglichkeiten waren gefragt. So können sämtliche Textilteile der Sitzflächen oder Türverkleidungen einfach entfernt werden, um Farbabstimmungen zu variieren. Es stehen acht austauschbare Sitzpolster zur Auswahl, dazu passende Innenraumteppiche. Ein Detail mit Köpfchen: Die Kopfstützen haben Einbuchtungen für die gebundene Haarpracht.
Die Mittelkonsole ist befreit von Gangschaltung (am Lenkrad) und Handbremse (elektronisch). Denn der Platz in der Mitte zwischen den Vordersitzen ist der favorisierte Ort für persönliche Gegenstände. In der Mittelkonsole befindet sich ein flaches Fach für Schlüssel, Mobiltelefone, Münzen und andere kleine Gegenstände. Dieses Fach lässt sich zurückschieben, um für ein tieferes Fach, in das eine Handtasche passt, Platz zu machen. In einem anderen Fach lässt sich das Notebook verstauen; in Reichweite des Fahrersitzes befinden sich auch eine Kühlbox sowie ein Papierkorb.
Die Rücksitze können wie Kinosessel hochgeklappt werden, so dass die Fahrerin Platz für grössere Gegenstände hat, um sie hinter die Sitze zu packen, ohne die Heckklappe öffnen zu müssen.
Obwohl der Volvo YCC von der Fachpresse bejubelt wurde, gab es auch Kritik, vor allem von Feministinnen. Für Kontroverse sorgten insbsondere die schlagfesten Materialien der Karosserie und Stossstange, die Dellen vermeiden sollten. Kritikerinnen warfen den Entwicklerinnen vor, ein Klischee zu bedienen, dass Frauen schlechtere Autofahrerinnen seien. Das stimmt natürlich nicht.