Alle Jahre wieder steht in Appenzell Ausserrhoden ein Dorf im Zentrum des Interesses: Wienacht. Im kleinen Weiler in der Gemeinde Lutzenberg wohnt auch das Christkind.
«An das Christkind, 9405 Wienacht». Seit Jahrzehnten schreiben Kinder (aber auch Erwachsene) aus dem In- und Ausland an das Christkind in Wienacht. Und es schreibt zurück. Natürlich ist es nicht das «echte» Christkind, sondern Willi Würzer. Der ehemalige Pöstler des Dorfes beantwortet seit 1975 persönlich die Briefe an das Christkind. Bis heute, obwohl er schon lange im Ruhestand ist. Jedes Jahr erreichen das Christkind in Wienacht immer noch rund 200 Briefe, die er persönlich beantwortet.
Doch etwas ist anders in diesem Jahr. Es fand nämlich kein Weihnachtsmarkt in Wienacht-Tobel statt. Was bleibt, ist der unter Heimatschutz stehende Dorfkern mit den schön dekorierten Häusern, die romantisch an das erinnern, wofür der Name steht: Weihnachten.
Allerdings geht der Name des Weilers der Gemeinde Lutzenberg nicht auf das christliche Fest zurück, sondern auf den mittelalterlichen Zinstermin. So mussten damals an Weihnachten die Grundstück-Abgaben entrichtet werden – nicht sehr besinnlich.
Um einiges poetischer ist die Sage, wie Wienacht zum Namen gekommen sei: Einst lebte im Appenzellerland eine arme Witwe namens Adeline Tobler. Sie war so arm, dass ihr einziger Sohn Robert in die Fremde ziehen musste und sich als Legionär in französische Kriegsdienste stellte.
Ihr Herz wog schwer vor Sorgen um ihn. Besonders traurig machten sie die Tage vor Weihnachten. Wie es ihm wohl geht? Mit diesem Gedanken weinte sich Adeline in den langen Nächten in den Schlaf. Eines Nachts wurde sie durch ein lautes Poltern aus dem Schlaf gerissen. Von ihrem Fenster aus sah sie die Silhouette eines müden Wanderers. Oder war es ein Landstreicher, der es auf ihr weniges Hab und Gut abgesehen hatte? Es polterte wieder. Adeline hatte Todesangst und antwortete nicht. Daraufhin hörte sie es von draussen rufen: «Mutter, Mutter, lebst du noch?» – War das Robert? Im Schein der Laterne erkannte sie ihren geliebten Sohn. «Jetzt ist auch für mich Weihnachten geworden», habe Adeline so laut gerufen, dass es sogar die Nachbarn hören konnten. Seither – so die Legende – heisst das kleine Dorf über dem Bodensee «Wienacht».
Titelbild und weitere Bilder: zur Verfügung gestellt, © Flavia Baumgartner, wienachtsmarkt.ch