Ein Beitrag aus dem Volvo Magazin «Freedom to Move» 1/2021
Als erklärter Optimist wurde Marc Sway in den vergangenen Monaten hart geprüft. Umso zuversichtlicher blickt der Musiker jetzt in eine Zukunft mit spannenden neuen Projekten.
Marc Sway, man sieht dich fast immer nur lachend und gut gelaunt. Wie hart waren die vergangenen Monate für dich als Optimist?
Es war für mich vor allem eine grosse Umstellung. Als Musiker haben wir ja quasi ein Berufsverbot auferlegt bekommen. Für 50 Leute zu spielen lohnt sich einfach nicht.
Wie ging es dir emotional?
Ich habe verschiedene Phasen durchlebt. Im ersten Moment wollte ich wie wohl alle anderen auch zuerst einmal die neue Situation begreifen. Ich war newssüchtig, hing nur noch am Handy und war mit vielem überfordert, weil man die Pandemie und ihre Auswirkungen noch nicht einordnen konnte. Dann folgte die Besinnung auf mich selbst: Wie gehe ich mit der neuen Situation um? Was mache ich, wenn meine Hauptbeschäftigung wegbricht? Was fange ich mit meiner Zeit an? Wie schnell ist ein Mensch fähig, sich neu auszurichten? Das fand ich eine sehr spannende Phase.
Welche Antworten hast du auf diese Fragen gefunden? Hast du dich neu aufgestellt?
Ich habe schnell begonnen, neue Songs zu schreiben. Als Musiker ist man immer auch ein Beobachter seiner Zeit; im besten Fall kann man solche besonderen Situationen in Musik umwandeln. In dieser Zeit ist auch die Idee entstanden, zusammen mit Bligg eine Art Supergruppe des Schweizer Pops zu gründen: BLAY. Wir veröffentlichen demnächst ein Album und gehen zusammen auf Tournee. Der Entscheid, zusammenzuspannen, ist während der Corona-Zeit gefallen.
Du hast schon früher mit Bligg zusammengearbeitet. Warum brauchte es die Pandemie, um diese Kollaboration in Gang zu bringen?
Gute Frage. Wir hatten zum einen beide sehr viel mehr Zeit als sonst. Allein ich habe im Jahr 2020 über 60 Konzerte absagen müssen. Das schafft neue Freiräume. Trotzdem ist ein solches Projekt kein Selbstläufer. In einer Zeit voller Unsicherheiten einen solchen Schritt zu wagen, das erfordert viel Mut. Wer sagt denn, dass wir dieses Jahr überhaupt spielen können? Aber eben – ich bin ein Optimist. (lacht)
Wie muss man sich dieses Bandprojekt vorstellen?
Bisher war ich bei Bligg immer nur Gast, quasi ein «Featuring» für einen Song. Jetzt sind wir eine richtige Band; so ähnlich, wie wenn im Fussball Einzelspieler für die Nationalmannschaft zusammenkommen. Wir haben ein paar Dinge neu versucht, gewisse Sachen neu definiert. Wir wollten auf jeden Fall etwas Originelles schaffen, nicht nur einfach vom Gleichen mehr bringen. Wir sind eine richtige Band, das ist uns wichtig.
Welche Vor- und Nachteile hat eine solche «Supergruppe»?
Die Fans aus beiden Lagern haben diese Band schon lange gefordert. Jetzt war der Zeitpunkt richtig, und wir hatten beide grosse Lust auf dieses Experiment. Es gibt viele Vorteile, wenn man in einer solchen Band ist. Man teilt Freud und Leid miteinander, man muss nicht immer alles allein entscheiden. Natürlich haben wir uns vorher auch überlegt, wie es sein wird, wenn zwei Alphatiere zusammenkommen. Typen, die es sich gewohnt sind, die Dinge allein zu entscheiden. Wir mussten uns als Band zuerst finden, keine Frage.
Gibt es Reibereien, wenn zwei Stars zusammenkommen?
Natürlich fliegen auch mal die Fetzen bei uns. Aber Bligg und ich haben ein fast schon brüderliches Verhältnis. Wenn es mal Diskussionen gibt, kann es laut werden, aber das Ganze ist dann auch schnell wieder gegessen. Es hilft sicher, dass wir uns beide schon ewig kennen und einen ähnlichen Werdegang hinter uns haben.
Ihr habt beide auch ähnliche inhaltliche Anliegen und setzt euch für eine weltoffene Schweiz ein.
Das stimmt. Wir haben beide unseren Weg hart erkämpfen müssen, uns wurde nichts einfach so geschenkt. Das zeichnet einen und verbindet bis zu einem gewissen Grad. Wir sind beide positive Charaktere, die das Miteinander, nicht das Gegeneinander propagieren. Unsere Konzerte sollen ein grosses Fest für alle und jeden sein, egal welcher Herkunft, egal welchen Alters, egal, wie viel Geld jemand auf dem Konto hat. Für uns zählen echte Emotionen, und je bunter und vielfältiger die Schweiz daherkommt, umso besser.
Geplant ist eine grosse BLAY-Show im Hallenstadion Ende Jahr.
Genau. Im Dezember 2021 werden wir das Hallenstadion rocken, allen aktuellen Unsicherheiten zum Trotz. (Anmerkung der Redaktion: Aufgrund der aktuellen Ereignisse im Zusammenhang mit Covid-19 auf 2022 verschoben.) Diese Ansage ist für mich mehr als nur Optimismus. Es ist ein Zeichen, nach vorne zu schauen und ein neues Kapitel aufzuschlagen. Es ist normal, dass man in einer schwierigen Situation zuerst stillsteht und nicht weiss, wie man damit umgehen soll. Dann aber muss es nach vorne gehen. Wir alle erleben derzeit ständig neue Realitäten. Deshalb ist es wichtig, diese Realitäten anzunehmen und das Beste daraus zu machen.
Woher stammen diese Macherqualitäten bei dir?
Ich bin einfach positiv gepolt. (lacht) Ich glaube, dass es auch ein bisschen zu einem Musiker dazu gehört, dass er Dinge vorantreibt und sich mit Situationen arrangiert. Das liegt in seiner Verantwortung – so, wie es zu einem Clown gehört, dass er Leute zum Lachen bringt.
Einige Musiker haben sich in der Pandemie darauf beschränkt, über die Situation zu jammern.
Ich will niemanden kritisieren. Jeder muss selber wissen, wie er oder sie mit Krisen umgeht. Bei vielen – auch bei Leuten im Umfeld von Musikern – ging es um Existenzen, um die Angst, alles zu verlieren. Dafür muss man Verständnis haben. Bei mir ist es ein innerer Wunsch, nach vorne zu schauen und mich neuen Realitäten anzupassen. Aber für mich ist das einfacher gesagt und getan als beispielsweise für einen Lichttechniker, der während der Pandemie seinen Job nicht machen konnte und schlicht keine Alternative hatte.
Hattest du selbst nie Existenzängste?
Ich bin es mir gewohnt, Phasen zu haben, in denen nichts oder fast nichts reinkommt. Wenn man neue Songs schreibt zum Beispiel, oder wenn man keine Konzerte gibt. Aber klar – auch bei mir hat sich das Budget verschoben.
Du hast dafür deinen Wirkungsgrad vergrössert und bist Filmstar geworden.
Filmstar, ja genau! (lacht) Ich habe eine Rolle in «Eden für jeden» gespielt, dem neuen Werk von Rolf Lyssy. Ich bin ein grosser Fan von ihm, denn «Die Schweizermacher» ist für mich ein ganz wichtiger Film. Ich bin sozusagen selbst ein Schweizermacher-Kind, meine Mutter stammt aus Brasilien, mein Vater aus der Schweiz. Sie mussten damals schnell heiraten, damit meine Mutter in der Schweiz bleiben durfte – genau wie in Rolf Lyssys Film. Umso mehr fühlte ich mich geehrt, als er mich für diese Rolle angefragt hat.
Du hattest keinerlei Erfahrung als Schauspieler. Hattest du keine Bedenken?
Und ob! Ich kenne meine Fähigkeiten als Sänger und Musiker ganz genau, aber die Schauspielerei war für mich Neuland. Deshalb habe ich mir lange überlegt, ob ich mich in ein neues Metier begeben soll, wo ich angreifbar bin. Für andere, aber auch gegenüber mir selbst; schliesslich bin ich ein Perfektionist. Am Ende war die Lust, mit Rolf zu arbeiten, grösser als die Angst. Ausserdem bin ich der Meinung, dass man seine Komfortzone immer mal wieder verlassen sollte, um Neues zu erfahren. Man sollte im Leben nie aufhören, zu lernen und neue Dinge auszuprobieren, auch wenn man dabei auf die Schnauze fallen kann. Für mich war der Film wie damals, als ich das erste Mal auf ein Rollbrett gestiegen bin.
Und – bist du mit dem Film gestürzt?
Ich finde nicht, aber das müssen auch andere beurteilen. Die Kritiken, die mir zugetragen wurden, waren sehr positiv. Andere waren vielleicht nicht ganz ehrlich. (lacht)
Du hast dich vergangenen Sommer in den Medien zum Thema Rassismus geäussert…
Ich gehe sehr behutsam damit um, wozu ich mich öffentlich äussere. Natürlich hat mich die «Black Lives Matter»-Bewegung persönlich betroffen, weil ich kulturell gemischt bin. Deshalb fand ich, dass ich ein Recht habe, zu diesem Thema etwas zu sagen. Allerdings beobachte ich auch, dass derzeit schnell Bewegungen entstehen, denen sich alle anschliessen, ohne die Hintergründe zu kennen oder auch mal etwas zu hinterfragen. Ich bin immer bereit, für eine gute Sache einzustehen. Man darf in der heutigen Zeit aber – gerade auch wegen Social Media – nicht einfach von einer Betroffenheitswelle auf die nächste aufspringen. Das ist oft gut gemeint, aber wenn man das aus den falschen Beweggründen macht, ist es kontraproduktiv. Man sollte auch immer gut beobachten und kritisch bleiben.
Wie kritisch bist du persönlich beim Thema Nachhaltigkeit?
Grundsätzlich finde ich: Je mehr wir unserer Welt schauen, desto besser. Ich bin überzeugt, dass der Trend zur Nachhaltigkeit eine gute Sache ist. Muss man ihn hinterfragen? Auf jeden Fall. Man muss sich beispielsweise fragen, wo Nachhaltigkeit wirklich sinnvoll ist – und wo es heuchlerisch ist. Es ist aber toll, dass wir gemerkt haben, dass man nicht für jedes Meeting um die halbe Welt fliegen muss und, dass manchmal ein Meeting via Zoom genügt. Ebenso ist klar, dass mehr Sorgfalt, mehr Solidarität und mehr Bildung gut für alle ist. So was muss man nicht hinterfragen, und wenn aus einem sinnvollen Gedanken auch noch ein lukratives Business entsteht, ist das für mich auch in Ordnung.
Welche Rolle spielt die Nachhaltigkeit für dich bei der Mobilität?
Das ist ein komplexes Thema, weil wir in vielen Bereichen noch ganz am Anfang stehen. Ich fahre beispielsweise einen Volvo XC90 Recharge Plug-in Hybrid und habe gelernt, dass ich die Umwelt nur schonen kann, wenn ich den Akku für den Elektromotor über Nacht immer auflade. Wichtig ist aber auch, dass man auf das Thema sensibilisiert ist.
Wie nutzt du als Musiker dein Auto?
Für mich ist mein XC90 manchmal wie ein Raumschiff. Es ist ein Ruhepol, in dem ich vom Bühnen-Marc-Sway zum Papi-Marc-Sway werden kann. Ich geniesse es total, mit dem Auto unterwegs zu sein und abschalten zu können.
Hörst du Musik im Auto?
Direkt nach den Konzerten nicht, da brauche ich nicht noch mehr Adrenalin-Trigger. Aber sonst schon. Wenn ich neue Songs geschrieben habe, wird im XC90 getestet, ob sie funktionieren oder nicht. Erst beim Autofahren merkt man manchmal, ob ein Song gut ist. Denn im Auto bin ich nicht mehr der Songwriter, sondern der Zuhörer. Diesen Perspektivenwechsel habe ich nur im Auto, das geschieht ganz automatisch. So manch ein Marc-Sway-Song hat den Test im Volvo nicht bestanden und ist auf Nimmer-Wiederhören im Orbit verschwunden. (lacht)
Als Sound-Fanatiker hast du sicher die High-End- Anlage von Bowers & Wilkins installiert.
Selbstverständlich, auf eine gute Musikanlage achte ich im Auto immer als erstes!
Fotos: © Ruben Sprich