Man muss nicht religiös sein, um die vielen Tessiner Kirchen, Kapellen oder Klöster zu bewundern. Während die einen architektonisch interessant sind, gibt es andernorts gut erhaltene Fresken, die zum Teil über ein halbes Jahrtausend alt sind.
Kirche Santa Maria degli Angioli, Lugano
Die Kirche auf der Piazza Bernardino Luini an der Uferpromenade Luganos enthält das wohl berühmteste Renaissance-Fresko der Schweiz. Geschaffen wurde dieses Kunstwerk im Jahr 1529 von Bernardino Luini – einem Schüler von Leonardo da Vinci. Die «Leidensgeschichte und Kreuzigung Christi» nimmt fast die ganze Wand des Kirchenschiffes ein und erinnert von fern an einen prachtvollen Wandteppich. Tritt man näher, so offenbart sich eine sehr lebendige Szenerie, in der rund 150 Personen dramatisch abgebildet sind.
Wallfahrtskirche Madonna del Sasso, Locarno
Was für ein magischer Ort dieser Felsvorsprung oberhalb von Locarno doch ist! Das muss sich wohl auch der Franziskanermönch Frà Bartolomeo d’Ivrea gedacht haben, als er auf dem «Sasso» 1480 eine Andachtsstätte für die Jungfrau Maria errichtete. Aus zwei kleinen Kapellen wurde schon bald ein Wallfahrtsort für Pilger aus der ganzen Welt. Das Plateau bietet einen atemberaubenden Ausblick auf den See, die Stadt und die Berge. In der heutigen Wallfahrtskirche, die 1902 restauriert wurde, sind unter anderem Stuckaturen aus dem 17. Jahrhundert, mit Fresken von Alessandro Gorla, zu sehen.
Chiesa Rossa, Castel San Pietro
Von aussen ist es eine unauffällige kleine Kirche, abseits gelegen, in der Nähe von Chiasso. Niemand würde vermuten, dass sich in der 1348 erbauten Kirche wahre Kunstschätze befinden. Die Fresken an den Wänden aus dem 14. Jahrhundert befinden sich in fast unversehrten Zustand und sind besonders wertvoll. Den Übernamen «rote Kirche» bekam der Bau zum einen wegen der Farbe, aber auch wegen eines tragischen Ereignisses, das sich an Weihnachten im Jahr 1390 abspielte. Die Kirche wurde zum blutigen Schauplatz einer Fehde zwischen zwei Familien, bei der ungefähr hundert Personen getötet wurden.
Santa Maria degli Angeli, Monte Tamaro
Auf den ersten Blick ist der massive Bau ein fast schon brutalistischer Bruch mit der Lieblichkeit der Aussicht. Doch je mehr man sich mit der von Stararchitekt Mario Botta gebauten Marienkirche beschäftigt, umso faszinierender wird sie. Die aus Porphyr (vulkanisches Gestein) gebaute Steinfestung lässt die Landschaft in einem ganz anderen Kontext erscheinen – ein Kraftort sondergleichen. Der Bau auf dem Bergsporn wurde zwischen 1992 und 1996 realisiert. Die künstlerische Gestaltung des Innern übernahm Enzo Cucchi und gilt als Meisterwerk.
San Giovanni Battista, Mogno
Mario Botta hat bereits vor der Marienkirche auf dem Monte Tamaro ein sakrales Gebäude errichtet. Und zwar in Mogno, im hinteren Maggiatal. Dies nachdem am 25. April 1986 eine Lawine die kleine Kirche aus dem 17. Jahrhundert zerstörte. Der aus dem Tessin stammende Mario Botta wurde daraufhin beauftragt, die dem Heiligen Johannes dem Täufer gewidmete Kirche neu zu erbauen. Der gewagte Bau aus einheimischem Peccia-Marmor und Valle-Maggia-Granit war bei der Einweihung 1990 äusserst umstritten. Die Kirche hat keine Fenster und wird nur vom Licht erhellt, das über das Glasdach einfällt. In den letzten Jahren änderte sich diese Meinung – die Kirche wurde weit über die Landesgrenzen hinaus bekannt und ist heute eine Sehenswürdigkeit.
Noch mehr Kirchen gefällig? Im Tessiner Dorf Carona gibt es mit dem «sentiero delle 6 chiese» einen Wanderweg zu sechs faszinierenden Kirchen, Kapellen und einem Kloster rund um den San Salvatore.