Nichts für Warmduscher! In den schwedischen Kaltbadehäusern findet ein Ritual statt, bei dem es Nicht-Schweden schon beim Lesen fröstelt. Sie sind auch keine Nachfahren der Wikinger.
An Schwedens Küste begegnet man dem «Kallbadhus» immer wieder. Das täuscht nicht: Im ganzen Land gibt es rund 50 Kaltbadehäuser, die auf Stelzen ins Wasser gebaut sind. Sie stehen auch für eine Kultur, die viel älter ist, als man denkt. Die Tradition der Kaltbadehäuser geht bis auf die Wikinger zurück und ist damit über tausend Jahre alt. Ob die Wikinger deshalb so gefürchtet waren, weil sie freiwillig ins kalte Meer sprangen?
Wechselbad für die Gesundheit
Während hierzulande die Badis erst an Pfingsten öffnen und im Herbst wieder schliessen, sind Schwedens Kaltbadehäuser das ganze Jahr geöffnet – vor allem im Winter haben sie Hochsaison. Traditionell stehen die Badehäuser auf Stelzen an der Küste und für ein Wechselbad der Gefühle. Im wörtlichen Sinn: Hier führen die Schwedinnen und Schweden das traditionelle Ritual aus heissen Saunagängen und kalten Wasserbädern aus. Demnach fördert das Wechselbad die Gesundheit, stimuliert die Produktion von Glückshormonen, reduziert Stress und verbessert den Schlaf.
Die ersten Kaltbadehäuser, wie sie heute anzutreffen sind, entstanden im 19. Jahrhundert. Damals hat sich die Badekultur in der Gesellschaft Schwedens etabliert und ist bis heute aktuell. Das sieht man insbesondere daran, dass im ganzen Land immer noch neue Badehäuser entstehen – selbstverständlich im coolen skandinavischen Design.
Helsingborg
Gleich drei Kaltbadehäuser machen Helsinborg zum Hot- bzw. Coldspot. Die drei Kaltbadehäuser Pålsjöbaden, Kallis und Råå Kallbadhus stehen typischerweise auf Stelzen und haben Sauna, Umkleidekabinen, Terrasse und Leitern ins kühle Wasser.
Varberg
Das an der Westküste gelegene Badehaus gilt gemeinhin als Schwedens schönstes. Es handelt sich um einen maurischen Palast mit Zwiebeltürmen und orientalisch anmutenden Fenstern. Es ist aber kein Original, sondern schon die zweite Kopie des Badehauses, das hier ab 1866 stand, und erinnert an Varbergs lange Geschichte als Kur- und Badeort.
Karlshamm
Dass es sich beim Kaltbaden um eine lebendige Kultur handelt, zeigt sich am 2015 eingeweihten Badehaus in der südschwedischen Küstenstadt Karlshamn. Entworfen wurde der kubische Bau vom berühmten Architekturbüro «White Arkitekter», der sich nicht nur der Umgebung aus Felsen, Klippen und Wasser anpasst, sondern auch eine funktionale, abstrakte Interpretation der klassischen Badehäuser handhabt.
Bjärred bei Lund
2005 entstand das Kaltbadehaus von Bjärred bei Lund, das über einen fast 600 m langen Holzsteg mit dem Sandstrand verbunden ist und wie die meisten anderen Badehäuser auch ein eigenes Restaurant hat.
Arctic Bath Luleälv
Kaltbadehäuser gibt es ebenfalls an Seen oder Flüssen, wie z.B. das «Arctic Bath» im nordschwedischen Ort Harads am Fluss Luleälv. Genauer gesagt liegt es im Fluss. Die runde Konstruktion steht nicht wie üblich auf Stelzen, sondern schwimmt auf dem Wasser. Im Winter friert das Bad, das wie ein Nest aus Baumstämmen aussieht, fest. Die Konstruktion erinnert daran, dass hier einst grosse Mengen Holz über den Fluss geflösst wurden.
Titelbild: Kaltbadehaus in Borgholm, © Wikipedia, Sinikka Halme, CC BY-SA 4.0