Rudi Bindella: Sein Name steht für guten Geschmack. Der Zürcher Gastrokönig ist nicht nur erfolgreicher Weinhändler und -produzent, sondern auch leidenschaftlicher Oldtimer-Fahrer. Am liebsten ist er in seinem Volvo PV544 unterwegs – und zwar täglich.
«Das Buckeli ist mein absolutes Lieblingsauto», schwärmt Rudi Bindella über seinen Volvo PV544, Jahrgang 1964. «Mein Buckeli hat etwas, was selbst italienische Sportwagen nicht haben: Charme. Der Oldtimer macht nicht nur mir als Fahrer Freude, sondern auch den anderen Verkehrsteilnehmern. Er zaubert den Leuten ein Lächeln auf die Lippen. Ich glaube, es ist das freundliche Aussehen: So scheint es, als lächle einen die Front an. Und dann noch diese Rundungen – einfach schön.» Und praktisch: So schätzt der Gastrounternehmer die Vorteile seines charmanten Autos im Stadtverkehr: «Mir wird immer der Vortritt gelassen, manchmal sogar, wenn ich gar keinen Vortritt habe. Das passiert einem mit diesen grauenhaften SUVs glaub nicht. Die wecken nur den Sozialneid und sorgen für Spannungen zwischen den Verkehrsteilnehmern.»
So fängt der Alltag schon mal gut an
Rudi Bindella fährt das 58-jährige Auto jeden Tag, ausser wenn es schneit. «Das wäre einfach zu schade. Jeden Morgen, wenn ich in mein Buckeli steige, ist es ein schönes Gefühl, ein besonderes Erlebnis». Und der Morgen beginnt für den Patron jeweils früh: um 5 Uhr, Schluss ist gegen 23 Uhr. «Als Gastronom kommt man sonst nicht zum Arbeiten.» Umso mehr geniesst er seine Freizeit im PV544, wo er mit einer anderen Art von Arbeit beschäftigt ist: «Es ist halt noch richtiges Autofahren», lacht der sympathische 74-Jährige, «das heisst: Zwischengas beim Runterschalten. Und natürlich hat er keine Servounterstützung. Aber ich bin es mir gewohnt, keine Servolenkung zu haben. Ich fahre seit Jahrzehnten keine neuen Autos mehr.» Obwohl ihm die neuen Volvo Modelle sehr gefallen, wie er betont. Aber er fährt lieber sein Buckeli.
Nicht sein erster Buckel
Es ist nicht der erste Volvo PV544, den Rudi Bindella besitzt. «Den ersten Buckel Volvo kaufte ich 1997. Es war Liebe auf den ersten Blick. Ich fuhr ihn ein paar Jahre, bevor ich ihn meinem Gastronomie-Chef schenkte, der ebenfalls so viel Freude daran hatte.» Der aktuelle PV544 hat eine andere Geschichte. Bindella kaufte ihn in den 2000er-Jahren. «Mein Plan war es, dass ich ihn zusammen mit meinem zweitältesten Sohn Adrian restauriere, und er damit nach bestandener Fahrprüfung fahren kann. Aber sein Interesse an alten Autos ist nicht so gross wie meines.» Die Liebe zu Oldtimern teilt er sich mit seinem ältesten Sohn Rudi Jr., der ebenfalls einen Volvo Klassiker fährt: einen weissen Volvo P1800 (Jahrgang 1963).
Noch nie im Stich gelassen
Vor sechs Jahren wurde das Buckeli komplett saniert. «Wir haben jede einzelne Schraube auseinandergenommen und restauriert.» Der Volvo PV544 bekam bei der Renovation ein paar Updates. Original waren die Sitze mit Stoff bezogen, heute tragen sie braunes Leder. Ausserdem bekam das Auto Sicherheitsgurten, was damals noch keine Pflicht in der Schweiz war. Seit der Renovation ist der Oldtimer im täglichen Einsatz unterwegs. Bindellas Fazit: «Er hat mich noch nie im Stich gelassen.»
In Renovation: ein Volvo PV444
Rudi Bindella hat bereits ein nächstes Oldtimer-Projekt am Laufen. «Es handelt sich um einen Volvo PV444, Jahrgang 1952. Er befindet sich aktuell noch in Restauration und sollte Ende dieses Jahres fertig sein. Er wird ein dunkles Rot bekommen, das typisch war für diese Fahrzeuge.» Für die komplette Renovation einer solchen Rarität rechnet Rudi Bindella mit rund zwei Jahren. «Das Schwierigste ist, heute noch Teile für ein 70-jähriges Auto zu finden. Vieles muss man dann halt selbst neu herstellen. Aber bei diesen Autos kann man das ja noch», weiss der Oldtimer-Kenner.
Volvo Fahrer seit 1978
Rudi Bindella fuhr in seiner automobilen Karriere immer wieder und gerne Volvo Modelle. Seinen ersten Volvo, einen 144 mit Jahrgang 1968, kaufte er 1978 und fuhr ihn bis 1982, als er ihn einem Mitarbeiter verkaufte. Seitdem hat ihn das Volvo Fieber nie mehr losgelassen. «Ich würde gerne mehr widerstehen können», scherzt Rudi Bindella auch über seine Kunstsammlung, die in all seinen Restaurants und im Hauptsitz zu bewundern ist. Keine Frage: Rudi Bindella ist ein Mann mit einem ausserordentlichen Geschmack, der andere Leute daran teilhaben lässt. Sei es mit seinem Buckeli im Strassenverkehr, der Kunst in den Restaurants oder den guten Weinen, die er selbst auf seinem Weingut «Tenuta Vallocaia» in der Toskana produziert.
Ein Stück Paradies in der Toskana
«Es war mir immer wichtig, nicht nur Weinhändler zu sein, sondern auch selbst Weine herzustellen.» Mit dem Weingut «Tenuta Vallocaia» in Montepulciano fand er dafür den perfekten Ort – «ein Stück Paradies», wie er es nennt. «Soeben hat mein Sohn Rudi Jr. dort einen neuen Rosato kreiert. Er heisst ‹Piu› wie die gleichnamigen Restaurants.» Stillstand gibt es für den Patron ebensowenig wie für seinen alten Volvo. Nach Zürich und Bern eröffnet im Mai in Zug ein weiteres «Piu»-Restaurant. Und am Limmatquai wird im Zunfthaus Safran ebenfalls in Kürze ein weiteres Restaurant entstehen. Es handelt sich dabei um das 45. Bindella-Restaurant. Insgesamt beschäftigt das Familienunternehmen 1300 Personen.
Fast wie die Rolling Stones
Restaurants, Weinhandlung, Weingut, Bauunternehmen, Immobilien: Und trotzdem bleibt dem Geschäftsmann immer noch Zeit für seine Band – Les Moby Dick. Die Band gibt es seit 1964 und damit fast so lange wie die Rolling Stones. Gegründet hat sie der Schlagzeuger mit Freunden im Internat in Fribourg. Es sind sogar noch Originalmitglieder dabei – ebenfalls wie bei den Stones. Les Moby Dick bestand auch weiter, als Rudi Bindella zwischen 1968 und 1974 an der Hochschule St.Gallen studierte und seine Dissertation über Bodenpolitik und Steuerrecht verfasste. 1975 stieg er ins elterliche Geschäft ein. Es bestand damals aus einer Weinhandlung und dem Santa Lucia, das 1965 in Zürich die erste Pizzeria mit Holzofen war. 1985 folgte mit dem Ristorante Bindella am Paradeplatz die erste Nicht-Pizzeria. Der Rest ist Geschichte – eine Schweizer Erfolgsgeschichte –, die seit 2018 in der vierten Generation von seinem ältesten Sohn Rudi Jr. weitergeführt wird. Genauso wie die Geschichte seiner Volvo Oldtimer.
PS: Das nächste Konzert von Les Moby Dick ist am 4.6.2022 im Latini in Basel.